Evangelische Jugend Bramsche organisiert größtes Konfirmanden-Camp im Sprengel Osnabrück

„Man hat hier viel mehr Möglichkeiten und kann selbst entscheiden, welchen Workshop man besuchen will – so groß ist das Angebot.“

Bibelverse auswendig lernen und strenges Stillsitzen – so sieht der Unterricht der Konfirmanden längst nicht mehr aus. Was die rund 260 Konfirmanden aus acht Kirchengemeinden im Sprengel Osnabrück Anfang Oktober in Geseke bei Paderborn erlebt haben, hat mit Althergebrachtem so gar nichts mehr zu tun. Kein Wunder also, dass die Nachfrage an dem größten Konfirmanden-Camp im Sprengel Osnabrück steigt und steigt. Veranstaltet wird es zum zweiten Mal von der Evangelischen Jugend Bramsche.

„Oh my God, my Father. My Hope, there´s no other…“ – Sängerin Christina Unland und ihre Lintorfer Band “Ray of Hope“ stehen im Scheinwerferlicht auf einer mehr als zwanzig Meter breiten Bühne. Vor ihnen, im Publikum, wird geklatscht und mitgesungen, Arme werden beim Refrain jubelnd in die Höhe gestreckt. Es ist neun Uhr, in der Turnhalle des Gästehauses „Dicke Birken“ in Geseke bei Paderborn. Neun Uhr morgens. „Wir sind schon seit drei Stunden auf den Beinen“, sagt Kirchenkreisjugendwart Stephan Egbert und lacht. Trotz einer kurzen Nacht ist dem 40-jährigen Kirchenkreisjugendwart keine Müdigkeit anzumerken. Wie auch? Dafür ist schließlich keine Zeit. Die nächsten Programmpunkte müssen vorbereitet werden. Als „Ray of Hope“ von der Bühne gehen, übernimmt Egbert das Mikrofon und erklärt den weiteren Tagesablauf. Auch das wird fast unbemerkt von einem Kamerateam mitgeschnitten. Das Publikum – also die Konfirmanden aus Bohmte, Bramsche, Ueffeln, Engter, Berge, Bippen, Menslage und Quakenbrück – ist nach dem morgendlichen Rockkonzert auf jeden Fall hellwach und aufnahmebereit.

Nachdem sich die 260 Kinder und Jugendlichen hingesetzt haben, wird auf der Leinwand ein kurzer Film gezeigt, der gleich in den Gruppenräumen wieder eine Rolle spielen wird, in den Konfirmandengruppen aus den einzelnen Gemeinden - zum Beispiel im Raum der Gruppe von Pastorin Christina Richter aus Quakenbrück. Der Film zeigte ein junges Paar, das sich gerade erst gefunden hat. Beide könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Gruppe versucht nun, sich eine Meinung zu bilden, und spricht über das Thema Vertrauen. Wika und Nancy sind zum ersten Mal als Teamer im Konfirmanden-Camp dabei. „Letztes Jahr war ich als Konfirmandin mit im Camp. Da hat es mir so gut gefallen, wie die Teamer die Freizeit gemacht haben, dass ich dieses Jahr unbedingt wieder mitfahren wollte – dieses Mal selbst als Teamerin“, erzählt Wika im Gespräch mit der Osnabrücker Regionalbischöfin Birgit Klostermeier. Als Unterstützung haben sich die beiden 14-Jährigen den ein Jahr älteren Mark aus Bramsche quasi ausgeliehen. 

Nach dem Mittagessen werden die 260 Kinder und Jugendlichen in Workshops gehen. Indian Dutch, Boxen und Bumbleball – das hat sich der 13-jährige Marces aus Quakenbrück bislang ausgesucht. Ein Camp mit mehreren Hundert Teilnehmern hat viele Vorteile, findet er: „Ich find´s cool, auch was mit anderen Konfirmanden-Gruppen zu machen. Man hat hier viel mehr Möglichkeiten und kann selbst entscheiden, welchen Workshop man besuchen will – so groß ist das Angebot. Wären wir nur in unserer Kleingruppe, dann ginge das nicht. Dann müssten wir uns auf eine Sache einigen“, sagt Marces und verschwindet mit den anderen vor die Tür.

Wie „cool“ das Camp ist, das können die Familien der Konfirmanden von zu Hause aus mitverfolgen – durch das Internet. Ein siebenköpfiges Team rund um den Kamera- und Tonmann Kai Rolf produziert täglich eine 15-minütige Sendung und stellt sie dann ins Internet. „Neues vom Berg“ heißt sie, in Anlehnung an den Veranstaltungsort im vergangenen Jahr, am Koppelsberg in Plön. Außerdem gibt es an drei Tagen zwei Stunden lang Live-Streams zum Abendprogramm. 

Kai Rolf arbeitet hauptberuflich als Kamera- und Tonmann in Hannover. Für das Konfirmandencamp hat sich der 23-Jährige aus Bohmte extra Urlaub genommen. Schon Tage vor Beginn des Camps hat er Kameras, Computer und eine komplette Studio-Ausrüstung nach Geseke gebracht und aufgebaut, Laminat verlegt, Material und Arbeitskraft kostenlos zur Verfügung gestellt. „Als Stephan mich letztes Jahr gefragt hat, ob ich mitmachen will, hab´ ich sofort zugesagt. Da weiß er, dass er sich auf mich verlassen kann“, sagt Kai Rolf im Gespräch mit Landessuperintendentin Birgit Klostermeier, in der Kulisse des improvisierten Fernsehstudios.

Wobei: von Improvisation ist hier nicht viel zu erkennen. Wer die Tür zum Raum „Augsburg“ im Gästehaus „Dicke Birken“ öffnet, der wähnt sich in ein zwar kleines, aber professionelles  Fernsehstudio versetzt: Stative sind an die Wand gelehnt, auf einem Tisch liegt eine Kamera und auf einem anderen in der Mitte des Raumes stehen mehrere Computer. An einem sitzt Julian Lipka. Auch er hat sich für die Arbeit im Medienteam der Evangelischen Jugend Bramsche Urlaub genommen. Jetzt bespricht er mit Kai Rolf die heutige Sendung. „Hier könnte dann der Zusammenschnitt kommen“, sagt er und zeigt auf einen Bildschirm. Das Know-how hat Julian von Kai, der sein Team an zwei Wochenenden vorab geschult hat. Julian Lipka und Kai Rolf kennen sich schon seit Jahren aus Julians Konfirmandenzeit – Kai war damals sein Teamer. Engagement scheint im besten Sinne des Wortes ansteckend zu sein. Schließlich war Kai Rolf Jahre zuvor als Konfirmand in der Gruppe von Diakon Stephan Egbert, der das Konfirmanden-Camp ins Leben gerufen hat. Schon damals bot Kai Rolf vollkommen selbständig Filmfreizeiten an, berichtet Kirchenkreisjugendwart Egbert heute.

Die Seite „www.konfi-camp.de“ wird nach Angaben der Evangelischen Jugend Bramsche in den kommenden Tagen 40.000 Mal aufgerufen werden, allein bis zum zweiten Tag nach dem Camp – für die jungen Filmer ist das natürlich eine starke Motivation, sagt Kai Rolf.

„Das Medienteam der Evangelischen Jugend Bramsche hat hier keine Mühen gescheut, ein wirklich filmreifes Fernsehstudio aufzubauen. Ich finde es phantastisch, wie viel Energie diese jungen Ehrenamtlichen hier in ihrem Urlaub und ihrer Freizeit hineinstecken und wie viele Kenntnisse sie dabei an Jüngere weitergeben. Dieser großartige Einsatz ist etwas ganz Besonderes – und an den vielen Anmeldungen kann man sehen, dass es sich lohnt: Die Arbeit kommt bei den Jugendlichen an - und bei den Eltern!“, sagt Landessuperintendentin Klostermeier und wirft noch einmal einen Blick gemeinsam mit Kai Rolf und Julian Lipka auf den Computer-Bildschirm – schließlich ist nicht mehr viel Zeit bis zur nächsten Sendung.

Kai Rolfs Talent hat sich inzwischen herumgesprochen: So hat er Anfang September mit seinem Team das landeskirchliche Konfirmandencamp in Wittenberg begleitet. Auch für Sendungen vom Landesjugendcamp in Verden im Juni 2018 wird Kai Rolf verantwortlich sein. 

Das gemeinsame Konfirmandencamp von mehreren Gemeinden aus dem Sprengel Osnabrück findet jetzt zum zweiten Mal statt. Schon dieses Mal wäre die Herberge aus dem letzten Jahr in Plön in Schleswig-Holstein zu klein geworden, deshalb der Umzug in die Nähe von Paderborn. „Hier können wir im kommenden Jahr sogar hundert Personen mehr unterbringen, da ist also noch Luft nach oben“, sagt Kirchenkreisjugendwart Stephan Egbert. Und die können die Organisatoren gut gebrauchen: für das kommende Jahr haben sich schon drei weitere Gemeinden angemeldet.

Auch Kai Rolf will im kommenden Jahr auf jeden Fall wieder mit dabei sein. „Meine Frau sagt eh, ich bin sonst nicht ausgelastet“, sagt der 23-Jährige und lacht.