Foto: Sprengel Osnabrück

Tauffest in Syke – Kinder und Jugendliche werden bei Gottesdienst unter freiem Himmel an der Hache getauft

„In der Natur ist man Gott einfach näher“

Eine grüne Wiese im Europagarten in Syke: Nur wenige Meter von der Hache entfernt sollen an diesem Sonntag Ende Mai 21 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene getauft werden. Temperaturen von bis zu 28 Grad und strahlender Sonnenschein – die Voraussetzungen für einen Gottesdienst unter freiem Himmel könnten nicht besser sein. Mehrere hundert Angehörige sind am Sonntag hierher gekommen, um an diesem besonderen Tag dabei zu sein.
„Mein Mann ist an der Hache groß geworden; er hat darin und rundherum gespielt, und wir haben alle einen großen Hang zum Wasser. Als wir dann von dieser Möglichkeit hier erfahren haben, war es klar, dass wir unsere Kinder hier taufen lassen wollen“, sagt Julia Leue, die Mutter von Mads, fünf Jahre, und seinem Bruder Josse, vier Monate, und streicht Sohn Mads über den Kopf. „Heute morgen war er erst etwas nervös, weil er nicht wusste, was ihn erwartet, aber das hat sich schnell gelegt“, sagt Julia Leue und lacht. Nun kann es losgehen, mit dem Tauffest, das den Titel trägt „Kommt zum Fluss des Lebens!“
Die Hache, ein Quellfluss, der in Bruchhausen-Vilsen entspringt, ist auch Thema der Predigt von Landessuperintendentin Birgit Klostermeier. Die Hache fließe nicht nur durch mehrere Syker Ortsteile, sie tue sich im Kirchweyher See auch mit dem Süstedter Bach zusammen und fließe dann als Ochtum weiter in die Weser, so die Osnabrücker Regionalbischöfin. Von dort gehe es weiter zur Nordsee, und die sei Teil des Atlantiks, der an insgesamt fünf Kontinente grenze. „So wie also ihre kleine Hache hier Teil der Weltmeere ist, so ist auch jeder einzelne Täufling Teil einer weltweiten Gemeinschaft“, sagt Birgit Klostermeier auch im Blick auf die Jahreslosung, die sich in diesem Jahr ebenfalls mit der Bedeutung des Wassers auseinandersetzt, und die wieder Thema der diesjährigen Ausgabe der „Sprengelfrüchte“ ist. „Menschen können wie Wasser in dieser Welt sein. Und – das hat die Künstlerin Yoko Ono an einem ihrer Kunstwerke aus Wasserflaschen einmal gesagt – es liegt an uns, was wir daraus machen“, so Landessuperintendentin Klostermeier im Syker Europagarten. „Die Taufe erinnert, worum es geht. Respektvoll leben,  für den Anderen da sein und die Schöpfung bewahren. Gottes Geist ist wie das Wasser. “
Das Tauffest der drei Kirchengemeinden Barrien, Heiligenfelde und Syke findet in der Regel alle zwei Jahre statt. An diesem Sonntag ist es das vierte Mal, dass rund zwanzig kleine und große Menschen unter freiem Himmel in unmittelbarer Nähe zur Hache getauft werden können. In den vergangenen Jahren fand die Feier am Krendel in der Nähe des Kreismuseums statt; wegen Bauarbeiten musste sie in diesem Jahr verlegt werden, berichtet Pastorin Albertje van der Meer im Gespräch mit Birgit Klostermeier. Bei schlechtem Wetter gibt es die Möglichkeit, in die Kirche umzuziehen – wie vor drei Jahren. Damals war auch Familie Braunschweiger mit dabei, die an diesem Sonntag ihre acht Monate alte Tochter Ella taufen lässt. 2015 wurde Lina getauft, Ellas große Schwester. „Damals war es wegen des schlechten Wetters in der Kirche sehr voll, aber wir wollten auch bei Ella noch mal das Risiko eingehen – in der Hoffnung, dass es mit einem Gottesdienst unter freiem Himmel klappt. Und siehe da: wir hatten Glück!“, lacht Nils Braunschweiger, der Vater der beiden Mädchen. Es sei einfach eine ganz besondere Atmosphäre. Und irgendwie sei man Gott unter freiem Himmel tatsächlich näher, berichtet nicht nur der Vater der kleinen Ella.  
Nach der Predigt von Birgit Klostermeier erklärt Pastor Christian Kopp den Ablauf der Taufen. „Albert, Hartwig – holt ihr bitte das Taufwasser“, sagt er, und prompt gehen zwei Männer aus dem Kirchenvorstand mit großen Kellen unter schattigen Bäumen die rund dreißig Meter bis zum Ufer der Hache. Mindestens ein Dutzend Kinder begleitet sie und beobachtet, wie die beiden das Wasser daraus schöpfen und es zurück zum Altar bringen. Dort wird es in große Behälter gefüllt. Nun sind die Kinder gefragt. Mit bunten Bechern füllen sie das Wasser um in die Taufschalen der drei Kirchengemeinden von Albertje van der Meer, Christian Kopp und ihren Kolleginnen Katja Hermsmeyer und Susanne Heinemeyer. Die Familien haben vor dem Gottesdienst Farben zugewiesen bekommen. So wurden sie in drei Gruppen aufgeteilt, damit es nicht zu Staus an den Taufbecken kommt. Die Täuflinge werden nacheinander aufgerufen. An das Taufbecken von Katja Hermsmeyer tritt die 13-jährige Luisa. Sie macht einen ernsten Eindruck, als die Pastorin ihre Hand mit dem Wasser aus der Taufschale benetzt und sie ihr auf den Kopf legt. Direkt neben Luisa steht ihre Cousine, die die Patenschaft übernommen hat; auf der anderen Seite ihre Mutter. „Hier an der Hache kann man einfach nachempfinden, wie es bei Jesus damals gewesen sein muss, am Fluss“, sind sich Anja Thörel und ihrer Tochter Luisa einig. „Ich konnte mich selbst entscheiden, ob ich getauft werden möchte oder nicht, und das hier ist natürlich etwas ganz Besonderes“, sagt die 13-Jährige Luisa.
„Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ (Offenbarung 21,6 (L)) – das ist die diesjährige Jahreslosung. Beim Tauffest an der Hache ist nicht nur Luisa anzumerken, wie groß dieser Durst ist, nach Zugehörigkeit, nach einem tieferen Sinn und nach dem Wasser, dass alle Täuflinge mit der Welt verbindet.
Als alle Babys, Kinder und jungen Erwachsenen mit ihren Familien wieder an ihre Plätze zurückgekehrt sind, wird gemeinsam ein Lied gesungen, die Fürbitten und das Vaterunser werden gesprochen, und zum Abschluss dieses beschwingten Tauffestes mit insgesamt mehreren hundert Besuchern spielt der Posaunenchor. Feiern werden Ella, Mads, Josse und Luisa wie die anderen Täuflinge nun zu Hause, im kleineren Kreis.
Das nächste Tauffest findet in zwei Jahren statt – dann vermutlich wieder am Syker Kreismuseum; auf jeden Fall aber an der kleinen, großen Hache.