Foto: Sprengel Osnabrück

Handwerk und Haltung – Deutsch-brasilianische Künstlerin gestaltet regelmäßig Karten zum Thema der Jahreslosung

„Es geht darum, offen zu sein für das Wasser des Lebens“

Eine Frau legt den Kopf in den Nacken und führt ihre zu einer Schale geformten Hände zum weit geöffneten Mund. Zu den Füßen der schlanken Silhouette liegt ein umgestürztes Fass. Diese  Skulptur liegt der Postkarte zugrunde, die die Bildhauerin und Grafikerin Karin Rosenbaum zum Thema der diesjährigen Jahreslosung geschaffen hat: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Die Osnabrücker Regionalbischöfin Birgit Klostermeier hat Karin Rosenbaum in ihrem Atelier besucht.

„Fühlen Sie mal den Stein“, sagt Karin Rosenbaum in der Diele ihres Fachwerkhauses in Bruchhausen-Vilsen, in der sie ihre Skulpturen ausstellt. „Es ist kein gewöhnlicher Speckstein. Es ist ein so genannter Seifenstein. Sein Staub fühlt sich in der Hand an wie Seife“, sagt Karin Rosenbaum im Gespräch mit Landessuperintendentin Klostermeier. Auch die anderen Skulpturen sind aus Seifenstein. Rosenbaum arbeitet seit vierzig Jahren mit dem Stein. Sie bezieht ihn über einen Importeur aus Brasilien.

Karin Rosenbaum stammt selbst aus Brasilien. Sie wurde 1954 in Porto Alegre geboren. Ihre Mutter ist Deutsche, ihr Vater war Deutschbrasilianer. 1998 zieht sie mit ihrem Mann, dem Pastor Walter Rosenbaum, nach Bassum-Nordwohlde. „Sao Paolo hat uns damals einfach zu sehr vereinnahmt. Diese Stadt kann einen auffressen“, sagt Karin Rosenbaum über die größte Stadt Brasiliens mit mehr als zwölf Millionen Einwohnern. Deshalb der Umzug nach Nordwohlde. Über dem Altar in der evangelischen Kirche dort ist Rosenbaums wohl größte Skulptur zu sehen: „Der Auferstandene“.

Seit 2005 fertigt die 64-Jährige Karten im Langformat zum Thema der jeweiligen Jahreslosung. Bei der diesjährigen habe sie an das Gleichnis von der Frau am Brunnen denken müssen, sagt Karin Rosenbaum beim Besuch von Birgit Klostermeier. Die Karte zeigt den oberen Teil der Skulptur, den Kopf und die Hände. Jesus sagt zu der Frau: „Jeden, der von diesem Wasser trinkt, wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, den wird nicht dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“ (Johannes 4, 13 und 14)

Dass jemand in der Wüste, wo Wasser das Wertvollste ist, sagt: ich habe ein anderes Wasser, das wertvoll ist – das habe ihr imponiert, so Rosenbaum: „Mir ging es um diese Haltung, offen zu sein für das Wasser des Lebens. Diese Haltung ist wichtig. Wichtiger als den Segen zu bekommen, ist es, um ihn zu bitten.“

Karin Rosenbaum nimmt Landessuperintendentin Klostermeier mit in ihr Atelier, ein helles Holzhaus mit großen Fenstern, von denen der Blick in den Garten der Rosenbaums fällt. Auf einem Holztisch liegen zwei schwere Sandsäcke, darauf ein Stein, den Karin Rosenbaum mit Hammer und Meißel bearbeitet. Um sich vor dem Staub zu schützen, trägt sie eine Schutzbrille und einen Mundschutz. Hinter ihr stehen große Holzregale mit Utensilien, rechts von ihr hängt ein Regal mit verschiedenen Werkzeugen. Zuerst fertigt sie ein Modell aus Ton. Danach wird dann der Stein in Form gebracht. „Für mich ist die Arbeit an einer Skulptur ein mystisches Erlebnis“, erzählt Rosenbaum. „Die kreative Arbeit mache ich nicht mit dem Kopf, ich lasse meine Hände arbeiten.“ 

Vom Atelier geht es über eine Terrasse zurück in das Arbeitszimmer von Karin Rosenbaum. Auch hier arbeitet die Grafikerin mit den Händen, unter anderem am Computer. Hier entstand auch die Karte für das Jahr 2019. „Suche Frieden und jage ihm nach!“ aus Psalm 34, Vers 15 – das ist die Jahreslosung der Ökumenischen Gemeinschaft für das Bibellesen für das kommende Jahr. Grundlage war eine Collage aus feinem, dünnem Papier, die eine Weltkugel zeigt. Karin Rosenbaum hat diese Collage eingescannt und am Computer weiter bearbeitet. Links fügte sie einen Schatten ein, am Fuß der Erdkugel positionierte sie die Symbole der Weltreligionen. „Wir schaffen Frieden nur, wenn wir zusammen arbeiten. Nicht, wenn wir Alleingänge machen, Menschen ausgrenzen und Mauern bauen“, ist sich die 64-jährige Rosenbaum sicher. „Religionen sind bei diesem Prozess ein wichtiger Teil – wenn sie nicht ausgrenzen und ihre eigene Religion für die einzig richtige halten.“

Karin Rosenbaum leistet ihren Beitrag zum Frieden – durch ihre Karten, aber auch durch die Organisation einer Kirchenkreispartnerschaft mit Brasilien. Ihre 99-jährige Mutter und ihre Tochter samt Familie leben nach wie vor in dem Land. Deshalb reisen Rosenbaums regelmäßig in ihre Zweitheimat.

„Mit Ihrer Arbeit als Bildhauerin und Grafikerin bilden Sie, liebe Frau Rosenbaum, etwas, das für Frieden unerlässlich ist: eine Brücke zwischen verschiedenen Kulturen. Sie schärfen unseren Blick auf die Themen der jeweiligen Jahreslosung und sorgen für Austausch. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken“, sagt Landessuperintendentin Klostermeier zum Ende des Gespräches in Bruchhausen-Vilsen.