Foto: Sprengel Osnabrück

Teil 4: Sprengelpastorinnentag in Osnabrück

Nachricht Osnabrück, 06. Juni 2016

Die mütterliche Dimension Gottes und ihre Pastorinnen – Inspiration oder Provokation?

Mehr als 30 Pastorinnen aus dem Sprengel Osnabrück tauschen sich über gemeinsame Sorgen und ihr Verständnis der Pastorinnen-Rolle aus

Morgens um halb zehn im Diakonie-Wohnstift am Westerberg in Osnabrück: Heiteres Gelächter und ein munteres Stimmengewirr hallen über den Flur. Im Sitzungssaal im ersten Obergeschoss treffen sich heute die Pastorinnen des Sprengels Osnabrück. Viele haben sich seit dem letzten Treffen vor vier Jahren nicht mehr gesehen, andere sind schon seit Jahrzehnten befreundet; alle freuen sich über ein Wiedersehen.

Landessuperintendentin Birgit Klostermeier moderiert die Vorstellungsrunde. Es sind überraschend viele Teilzeitstellen, die von den Frauen besetzt werden: Halbe und geteilte Stellen sind genau so dabei wie Dreiviertel- oder sogar Viertel-Stellen - bei den Funktions- genau so wie bei den Gemeindepastorinnen. „Die Situation heute ist eine völlig andere als noch vor 25 Jahren, als ich angefangen habe“, erinnert sich eine Teilnehmerin. „Damals musste man sich erst einmal Respekt verschaffen, als Frau. Das ging aber recht schnell. Und dann gab es eigentlich sehr viel Anerkennung.“ Dieses Thema – die Wertschätzung der Pastorinnen – bestimmt große Teile des Sprengelpastorinnentages.

Nach der Vorstellungsrunde folgen zwei Impulsreferate. Sie beschäftigen sich mit der aktuellen Jahreslosung: „Gott spricht: Ich will Euch trösten wie einen eine Mutter tröstet.“  

Dr. Marlene Crüsemann, Sozialhistorikerin und Neutestamentlerin aus Bielefeld und eine der Übersetzerinnen der „Bibel in gerechter Sprache“, spricht über Paulus´ Verständnis von Trost, von Gemeinden als Teil eines so genannten „Trostverbundsystems.“ Schließlich fließt der Trost - wie bei einem Römischen Brunnen – auch über seine Grenzen hinweg und erreicht letztendlich auch andere.

„Das ärgerliche Mütterliche und die Pastorin“ – so lautet der Titel des Referats von Pastorin und Pastoralpsychologin Claudia Panhorst-Abesser aus dem Sprengel Stade. Mit welchen Erwartungen gehen Frauen an das Pastorinnenamt? Und warum ist es für viele von ihnen so schwer, sich abzugrenzen? Dürfen sie zeigen, wenn sie einmal Trost brauchen?

Claudia Panhorst-Abesser nimmt dabei eine These von Landessuperintendentin Klostermeier auf: sich „von der Diktatur des Machbaren zu verabschieden“, das könnte ein Weg sein. Auszusteigen aus dem Gedanken, alles hinbekommen zu müssen. Demut und Realitätssinn an den Tag zu legen.

In Gruppengesprächen werden die Themen noch einmal aufgefangen: Einige Pastorinnen beschreiben, wie seltsam es manchmal ist, die Gemeinde zu „bemuttern“, während die eigenen Kinder zu Hause auf die Heimkehr ihrer Mutter warten.

Und gerade die Frauen in der Gemeinde reagierten auf Pastorinnen anders, wenn sie bislang gewohnt waren, mit einem männlichen Pastor zusammenzuarbeiten. „Wir arbeiten ehrenamtlich, dann kann die Pastorin auch noch eine zusätzliche Aufgabe übernehmen“ – diesen Gedanken hätten weibliche Gemeindemitglieder einem Pastor gegenüber nicht, da sind sich die Pastorinnen sicher. Trotzdem fühlen sich die Mütter unter ihnen in den Gemeinden nur selten als „Rabenmutter.“ Vorbehalte gebe es höchstens auf Seiten der männlichen Kollegen, die durch die Zusammenarbeit mit den Müttern eine Mehrarbeit fürchteten, so die Frauen.

Dabei wandelt sich das Verhältnis von Männer und Frauen im Amt der Pastoren gerade gewaltig: Immer mehr Frauen entscheiden sich, Pastorin zu werden. Sie wollen mit Menschen arbeiten, das ist von den Pastorinnen zu hören.

Auch die Kirche braucht viel Trost, sagt Landessuperintendentin Birgit Klostermeier. Aber: Verhindert der Beruf der Pastorin das Getröstetwerden? Muss eine Pastorin immer stark sein?

Frauen finden Trost, wenn sie aus dem Hamsterrad aussteigen, wenn sie mehr Freiraum finden, sagt Landessuperintendentin Birgit Klostermeier zum Abschluss des Sprengelpastorinnentages. Und sie nimmt Bezug auf das Impulsreferat zu Beginn des Tages: Wenn jemand selbst getröstet ist, dann fließt der Trost von selbst – wie beim Römischen Brunnen – über seine Grenzen hinweg und findet auch andere.

Was auch andere treffen soll, das ist ein Schreiben, dass die Pastorinnen rund um die ehemalige Superintendentin Doris Schmidtke verfassen: Es ist an die Kolleginnen in Lettland gerichtet. Anlass sind die Bestrebungen von Erzbischof Vanags, die Frauenordination in Lettland komplett abzuschaffen. „Wir teilen Ihren Zorn und Ihre Trauer“, heißt es da. „Der freie Zugang von Männern und Frauen zum geistlichen Amt und zur Verkündigung ist unverzichtbarer Bestandteil reformatorischer Kirchen. Wir denken an Sie, beten für Sie und Ihre Kirchenleitung und bitten Sie, an der Freiheit eines Christenmenschen festzuhalten und für die Frauenordination zu kämpfen.“

Verständnis und Ermutigung – so sieht der gelebte Trost der Pastorinnen im Sprengel Osnabrück aus. Sie beschließen ihren Tag mit einem Gottesdienst in der Kapelle des Wohnstiftes am Osnabrücker Westerberg.