Foto: Sprengel Osnabrück

Mit einem Lächeln – Freiwilliger aus Südafrika betreut demenzkranke Senioren in Osnabrücker Pflegeheim

„In Deutschland ist es viel friedlicher als in Südafrika. Ich fühle mich hier sicher“

Siyabonga Ngubane ist 28 Jahre alt, kommt aus der Provinz KwaZulu-Natal im Osten Südafrikas und hat sieben Geschwister. An der Universität in Ladysmith hat er sein Diplom im Bereich Personalmanagement gemacht. Jetzt arbeitet er für ein Jahr als Freiwilliger im Heywinkelhaus, einem Seniorenheim in Osnabrück. Landessuperintendentin Birgit Klostermeier hat mit ihm über seine Arbeit, seine Erlebnisse in Deutschland und über den Grund seines Auslandsaufenthaltes gesprochen. 

Die Station für hausinterne Tagesbetreuung im Osnabrücker Heywinkelhaus an einem Dienstagnachmittag: Eine Mitarbeiterin hat auf einem Wagen die Zutaten für Pralinen angerichtet. Die Bewohnerinnen und Bewohner haben die Möglichkeit, bei der Zubereitung mitzuhelfen. Viele von ihnen sind demenzkrank. Sie brauchen Hilfe bei allen Dingen des täglichen Lebens. Siyabonga Ngubane reicht ihnen das Essen an oder geht mit ihnen spazieren. Auf dem Flur hakt sich eine ältere, offenbar orientierungslose Dame bei ihm unter. Von Montag bis Freitag arbeitet er im Heywinkelhaus, acht Stunden pro Tag. Dafür bekommt er freie Kost und Logis und ein Taschengeld.

Der 28-Jährige ist im März nach Osnabrück gekommen, mit Unterstützung des Evangelisch-lutherischen Missionswerkes in Niedersachsen. Bis zum kommenden Februar wird er in der Stadt bleiben.

„Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten. Das habe ich auch schon in Südafrika gemacht. Dort habe ich zuerst mit Menschen mit Behinderung gearbeitet, dann mit Älteren; mit Menschen, die sich selbst nicht mehr helfen können“, berichtet der 28-Jährige im Gespräch mit Regionalbischöfin Birgit Klostermeier.

Das Gespräch findet in englischer Sprache statt. Zwei mal pro Woche bekommt Siyabonga Ngubane Deutschunterricht. Trotzdem fühlt er sich im Englischen momentan noch sicherer. Manchmal könne es deshalb etwas kompliziert werden, sagt der studierte Personalmanager und lacht; die Kommunikation mit den Deutschen sei momentan noch das Hauptproblem. Vielen Demenzkranken fällt das aber nicht auf. Sie schätzen sein freundliches Lachen. Auch dass er eine dunkle Hautfarbe hat, spielt in der  Zusammenarbeit mit den Älteren keine Rolle, sagt Siyabonge Ngubane.

Der eher kleine, sportlich wirkende junge Mann ist der vierte Freiwillige, der jetzt im Heywinkelhaus seinen Freiwilligendienst absolviert. Initiiert hat den Austausch die Osnabrücker Berufsschuldiakonin Anke Meckfessel. Für die jungen Südafrikanerinnen und Südafrikaner bedeute der Aufenthalt in Deutschland ein großes Plus für ihren Lebenslauf. „Die Arbeitslosigkeit in Südafrika ist sehr hoch. Deshalb erhöhen Auslandserfahrungen die Chancen auf eine Stelle enorm“, so Meckfessel. Zwei der bisherigen Absolventinnen haben direkt nach ihrer Rückkehr einen Job gefunden; die dritte konnte ein Studium beginnen.

Siyabonga Ngubane kommt aus einer evangelisch-lutherischen Familie. Seit Jahren gibt es zwischen seiner Kirchengemeinde in Südafrika und der Kirchengemeinde Wissingen und Jeggen eine Partnerschaft. Durch die Freiwilligen sei der Kontakt zwischen beiden Gemeinden wieder enger geworden, berichtet Anke Meckfessel. So lebt Siyabonga Ngubane derzeit in Jeggen. Von dort pendelt er täglich mit dem Bus zu seiner Arbeitsstelle in Osnabrück, bis er im September in ein Studentenheim umzieht.

„Bevor ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich schon Angst vor der fremden Sprache, aber vor allem hat mir Sorgen gemacht, dass es in meiner Gastfamilie sehr viele Regeln geben und ich etwas falsch machen könnte. Deutsche Familien zum Beispiel essen gemeinsam, das machen wir in Südafrika nicht“, erzählt Siyabonga Ngubane, nachdem Landessuperintendentin Birgit Klostermeier ihn nach seinen ersten Eindrücken von Deutschland fragt. Die seien dann aber durchweg positiv gewesen: „Ich mag es, hier zu sein. Die Arbeit mit den älteren Menschen gefällt mir, und ich bekomme neue Ideen. Außerdem ist es in Deutschland viel friedlicher als in Südafrika. Ich fühle mich hier sicher.“

Auch für das Heywinkelhaus ist die Arbeit der jungen Freiwilligen aus Südafrika eine Bereicherung. „Siyabonga ist uns allein durch seine Empathie eine große Hilfe. Dadurch, dass ältere Menschen in Südafrika vor allem im häuslichen Bereich gepflegt werden, kann er sich hier gut auf die teilweise demenzkranken Senioren einstellen. Deshalb möchten wir ihn nicht missen“, sagt Eckhard Kallert, der Geschäftsführer des Heywinkelhauses.

Einmal pro Woche trifft sich Siyabonga Ngubane mit seiner Mentorin Anke Meckfessel, um über Alltagsprobleme oder Organisatorisches zu sprechen. Für junge Menschen aus Südafrika sind Auslandsaufenthalte – anders als in Europa – eine Seltenheit. Seine Freunde hätten sich deshalb sehr für ihn gefreut, sagt der 28-jährige Ngubane. „Eigentlich bräuchten wir mehr Programme dieser Art. Selbst drei Monate im Ausland bringen den jungen Erwachsenen schon etwas für ihren Lebenslauf und die Jobsuche. Aber um mehr zu organisieren, bräuchten wir mehr Unterstützer“, so Diakonin Anke Meckfessel.

„Suche Frieden und jage ihm nach!“ – das ist die aktuelle Jahreslosung, unter der die „Sprengelfrüchte“ in diesem Jahr und der Besuch Birgit Klostermeiers im Heywinkelhaus stehen. „Am Beispiel von Siyabonga Ngubane wird deutlich, dass Frieden nicht von allein entsteht. Nur durch den Austausch von Menschen von der Nord- und Südhalbkugel, aus Ost und West, kommt es zu einem Kennenlernen der Unterschiede und der vielen Gemeinsamkeiten, und dadurch letztendlich zu mehr Respekt voreinander - und zu einem Ausgleich der Startbedingungen, die so unterschiedlich sein können. Dafür möchte ich Anke Meckfessel als Initiatorin, dem Heywinkelhaus und natürlich vor allem Herrn Ngubane herzlich danken“, sagt Landessuperintendentin Birgit Klostermeier zum Ende ihres Besuches in dem Osnabrücker Seniorenheim.

Siyabonga Ngubane steht der größte Teil seines Freiwilligendienstes noch bevor. Nun hat er sich erst einmal eingelebt. Was er mit seinen Erfahrungen nach seiner Rückkehr anfangen wird, steht für ihn aber schon fest: er will in den Bereich des Personalmanagements zurückkehren. Seine Chancen stehen auf jeden Fall gut.