Foto: Sprengel Osnabrück

Mit viel Spaß – Evangelische Jugend in der Dümmerregion bringt Theaterstück zur Klimadebatte auf die Bühne

„Es lohnt sich, für Gerechtigkeit zu kämpfen und dafür einzustehen“

Eine Reise mit der „MS Tropica“ von Lemförde nach St. Helena im südlichen Atlantik - wäre das nicht schön? Das haben sich auch die Passagiere gedacht, die an Bord des fiktiven Kreuzfahrtschiffes gehen, auf dem sie einige Turbulenzen erwarten. Die Theatergruppe der Evangelischen Jugend in der Dümmerregion hat sich die Geschichte rund um die Crew der MS Tropica und ihrer illustren Gäste ausgedacht. Premiere ist am 5. Oktober im Lemförder Rittersaal. Landessuperintendentin Birgit Klostermeier durfte der Gruppe bei einer Probe über die Schulter schauen. Im Rahmen des Projekts „Sprengelfrüchte“ hat sie mit den Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gesprochen.

„Wir thematisieren gern gesellschaftliche Themen, aber ohne dabei Grenzen zu überschreiten“, sagt die 26-jährige Ira Wirt-Miller, die an der Entwicklung des Stoffes beteiligt war. Und tatsächlich: auch das Stück „MS Tropica – Auf zu neuen Ufern“ greift an vielen Stellen aktuelle Diskussionen auf: ein alkoholkranker Arzt kämpft um seinen Job und ein Passagier ändert seine sexuelle Orientierung. Im Mittelpunkt stehen aber vor allem die Umweltproblematik und die hoch brisante Klimadebatte. „Wir haben das Stück schon im vergangenen Jahr geschrieben. Als dann im Frühjahr die `Fridays-for-Future´-Bewegung rund um Greta Thunberg immer präsenter wurde, da mussten wir das Stück einfach noch einmal überarbeiten. Mit der reichen Geschäftsfrau Mrs. Johnson und den drei Umweltaktivisten haben wir jetzt zwei Gegenpole geschaffen, die das Ganze noch interessanter machen“, sagt die 22-jährige Jana Reitmeyer, die nicht nur die Rolle der Mrs. Johnson spielt, sondern bei dem Stück der Evangelischen Jugend in der Dümmerregion auch Regie führt und sich um die Technik kümmert. Und das macht die Gruppe so besonders: sie erarbeitet und schreibt die Stücke und organisiert sich komplett selbst.

Neben großen und kleinen Dramen, wie man sie vom ZDF-„Traumschiff“ kennt, tauchen in der Lemförder Inszenierung nun also auch drei Umweltaktivisten auf, die ordentlich Schwung auf das Kreuzfahrtschiff und Sprengstoff in die Debatte um umweltverträgliches Reisen bringen.

„Suche Frieden und jage ihm nach!“ (Psalm 34,15) – Die Jahreslosung 2019 schlägt sich auch hier um die Frage nach sozialem Frieden und sozialer Gerechtigkeit nieder – wie schon bei der ersten Inszenierung der Theatergruppe in diesem Jahr. Im Sommer haben die 14 Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen „Robin Hood“ aufgeführt. Auch damals ging es um Gerechtigkeit. „Die Geschichte hat gezeigt: es lohnt sich, für Gerechtigkeit zu kämpfen und dafür einzustehen“, sagt einer der Teilnehmer im Gespräch mit der Osnabrücker Regionalbischöfin Birgit Klostermeier. 

Die Jahreslosung hat im Leben von Ira, Jana und dem 22-jährige Hauke Henseleit, der seit drei Jahren Teil der Gruppe ist, keine große Rolle gespielt – bis sie sich inhaltlich damit auseinandergesetzt haben, für Robin Hood. Auch Mathis trennt seine Gedanken auf der Bühne von seiner Rolle, sagt er. Der große junge Mann mit den blonden Locken geht dann ganz in seinem Part als Bordarzt auf.

Ein aktuelles Thema zu haben, das ist den Jugendlichen wichtig. Vor allem geht es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen neun und 26 Jahren aber um den Spaß an der Sache. Und den spürt man sofort, wenn man die Probebühne im Lemförder Gemeindehaus an der Pastorenstraße betritt. An der Wand hängt eine große Arche Noah. Auf einem Tisch liegen die Requisiten bereit, und ein Projektor bringt die Einspieler auf eine Leinwand, auf denen die Außenszenen zu sehen sind. Die Jugendlichen haben sie in den Sommerferien mit einer Videokamera selbst gedreht.

„Wir haben in den vergangenen neun Jahren schon viele Stücke aufgeführt, die wir dann in den Gottesdiensten aufgeführt haben. Jetzt – im Lemförder Rittersaal – wird es zum ersten Mal eine Nummer größer. Und hier können wir auch den Menschen einen Zugang ermöglichen, die sonst nicht in die Kirche kommen“, sagt Diakon und Kreisjugendwart Ingo Jaeger, der die Theatergruppe 2010 ins Leben gerufen hat.

Der 40-Jährige lässt den Jugendlichen viel Freiraum. Er selbst übernimmt nur eine kleine Rolle; Regie führt Jana Reitmeyer. Aber er sorgt dafür, dass alle Hand in Hand arbeiten. Für die jungen Schauspieler bedeutet das mehr Spaß, und dadurch wird auch das Publikum gut unterhalten. Natürlich gehört auch Lampenfieber dazu, sagt der 23-jährige Mathis Marten. Er steht in einem Arztkittel in der Mitte des Probenraums und spielt den etwas unzuverlässigen Bordmediziner, der mit seiner Alkoholsucht zu kämpfen hat. Aber dadurch, dass Improvisation Teil des Konzeptes ist, könne eigentlich nichts passieren, so Mathis Marten. Hauptsache, am Ende passt alles. Und außerdem sind alle gut vorbereitet – in den Proben konnten sie sich und verschiedene Interpretationen ihrer Rolle ausprobieren. Und es gehöre auch Kritik dazu, die in der Gruppe immer laut und deutlich geäußert werde. „Kritik kann ja auch positiv sein, und wir haben hier noch nie erlebt, dass jemand kritisiert wurde und deshalb nicht wiedergekommen ist“, sagt Mathis.

Dass die Theatergruppe nun schon fast zehn Jahre besteht und viele feste Mitglieder hat, das liegt sicher auch an der Person von Ingo Jaeger, der seine Truppe so gut zusammen hält. Aber die Jugendlichen sind sich sicher: „Auch die Mischung macht´s!“ „Von der neunjährigen Greta, die die Enkelin des Kapitäns spielt, über Maryam, die eine Umweltaktivistin darstellt und im wahren Leben noch dabei ist, deutsch zu lernen, bis hin zur 26-jährigen Ira, die ihre russischen Wurzeln auf die Schippe nimmt und schon von Anfang an dabei ist – man merkt den Jugendlichen und jungen Erwachsenen ihre Freude am Theaterspielen an, und das überträgt sich sicher auch auf das Publikum. Dabei haben sich die Mitglieder der Theatergruppe nicht nur kritisch mit der aktuellen Klimadebatte auseinandergesetzt, sondern sie zeigen selbst auch, wie sehr Vielfalt zum sozialen Frieden beitragen kann. Deshalb wünsche ich der Produktion ganz viel Erfolg und einen tollen Theaterabend in Lemförde!“, sagt Landessuperintendentin Birgit Klostermeier.

„MS Tropica – Auf zu neuen Ufern“ feiert am 5. Oktober um 18 Uhr Premiere im Lemförder Rittersaal. Sitzplätze können bei Diakon Ingo Jaeger reserviert werden – telefonisch unter 05443 203428. Der Eintritt ist frei.